15. Oktober 2012

Radweg oder Fahrbahn?

Cycle track or road lane?

hamburgize.com / Stefan Warda
Radwegschaden in Hamburg
Damage on cycle track in Hamburg


Fahr ich auf dem Radweg oder auf der Fahrbahn? Gilt kein Benutzungszwang für den Radweg ist die Entscheidung zunächst einfach. Ohne blaue Schilder darf die Fahrbahn befahren werden. Mit blauen Schildern wird die Entscheidung schwieriger. Grundsätzlich muss ein Blau-Radweg benutzt werden. Ist der Radweg allerdings nicht benutzbar, kann er schließlich nicht und braucht er auch nicht benutzt werden. Dies trifft zu, wenn z.B. im Winter kein Winterdienst erfolgt, oder aber der Radweg zugeparkt ist, ein Baum auf dem Radweg steht oder der Radweg schmaler als ein Fahrradlenker ist. In diesen Fällen fährt der Radfahrer legal auf der Fahrbahn. Schwieriger wird die Entscheidung bei Schäden an der Radwegoberfläche. Ist ein Radweg dann unbenutzbar oder unzumutbar?



Carsten Bullert wich im April 2012 in der Westparkstraße in Krefeld vom erschütternden benutzungspflichtigen Radweg auf die Fahrbahn aus. Sogleich war ein Polizist zur Stelle und belegte den Radfahrer mit einem Bußgeld. Carsten Bullert legte Widerspruch gegen den Bußgeldbescheid ein, das Verfahren wurde anschließend vom Amtsgericht eingestellt. Für Verkehrsrechtsanwalt Dirk Löber (als Experte zu Gast beim WDR) war dies allerdings kein Freispruch.

Eine Einstellung ist kein Freispruch! Er hat so zumindest keine Rechtssicherheit, dass sein „Fahren auf der Straße“ hier erlaubt war.

Für Hamburger ist vielleicht noch der Fall des Radfahrers Frank Bokelmann in Erinnerung, der 2008 in Altona vor Gericht stand, weil er in der Behringstraße an der Anschlussstelle zur BAB 7 den benutzungspflichtigen zugewachsenen Radweg nicht benutzen konnte und daraufhin von einer Polizeistreife belangt wurde. Auch dieses Verfahren wurde eingestellt. Der Fall von Frank Bokelmann war eindeutig, denn "sein" Radweg war damals definitiv unbenutzbar.   

Die Stadt Krefeld tut sich jedenfalls keinen Gefallen mit dem Vorfall in der Westparkstraße, möchte sie doch als "fahrradfreundliche Stadt" gelten und dieses Image pflegen. Immerhin glaubt die Stadt Krefeld als Gründungsmitglied der Arbeitsgemeinschaft fahrradfreundliche Städte in NRW selbst  ein "gutes Fahrrad-Klima" zu haben. Für eine Reparatur der Westparkstraße fehle aber das Geld, die Radweginvestitionen für 2013 und 2014 seien mit anderen Dingen verplant. Der Radweg müsse aber laut Polizeisprecher weiterhin benutzungspflichtig bleiben. Martina Nickel von der Westdeutschen Zeitung kommentiert dies mit der "Riesenschere zwischen fahrradfreundlicher Stadt und Sanierungsstau." Tatsächlich hat die Stadt noch einen Handlungsspielraum. Sie darf die Radwegbentzungspflicht nicht aufrecht halten, wenn der Radweg nicht den vorgegeben Kriterien der Verwaltungsvorschrift zur Straßenverkehrs-Ordnung entspricht. Dazu zählt, dass der Radweg nach dem Stand der Technik gestaltet sein muss und unterhalten werden muss. Dies trifft im Fall der Westparkstraße offensichtlich nicht zu. Die Stadt hat aber z.B. noch die Möglichkeit zur Erhöhung der Verkehrssicherheit Tempo 30 auf der Fahrbahn anzuordnen, wenn Radfahrer nicht mehr den zerstörten Radweg benutzen können.

Anders verhält es sich dagegen in der Nachbarstadt Duisburg. Dort wurde der Radweg in der Kaiserswerther Straße wegen Wurzelschäden aus Verkehrssicherheitsgründen gesperrt.

Vor zehn Jahren entfiel in Hamburg der Benutzungszwang für einen unbenutzbaren Radweg im Mittelweg auf Initiative eines Radfahrers. Vielleicht braucht es auch in der "fahrradfreundlichen Stadt" Krefeld mehr Radfahrerinitiative.

Aber Hamburg hat immer noch zahlreiche benutzungspflichtige dauerhaft unbenutzbare "Radwege".


Hamburger Beispiel

hamburgize.com / Stefan Warda
Alibi-"Radweg" mit Benutzungszwang, aber nicht zu benutzen (siehe nächstes Bild)

hamburgize.com / Stefan Warda
Detail zum vorherigen Bild: Radfahrer müssen hier auf der Fahrbahn fahren



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